Einen schönen Sonntag wünsche ich von meinem Küchentisch in Lawrence, wo nach hochsommerlichen 25 Grad am Mittwoch und Donnerstag mit aktuellen 10 Grad eine der Jahreszeit angepasste Temperatur zurückgekehrt ist. Ganz klar komme ich mit diesen Temperatursprüngen nicht, aber das interessiert ja das Wetter nicht und so muss ich mich auch für die nächste Woche entweder auf den ersten Schnee oder aber eine erneute Rückkehr des Sommers einstellen.
Die vergangene Woche war trotz der Wahlen ein absolute Durchschnittswoche, zumal man an der Uni nicht wirklich etwas von der Bedeutung dieser Wahlen mitbekommen hat. Das mag allerdings daran liegen, dass Religion und Politik hier zwei absolute Tabuthemen sind, über die man wirklich nur im allerengsten Bekannten-/Familienkreis spricht oder aber im Institut für Politikwissenschaften. Kansas ist zum ersten Mal seit Ewigkeiten nicht Republikanisch, sondern von den Demokraten erobert worden, was vor allem in Lawrence für große Freude gesorgt hat, da es hier schon so was wie die "linkste" Ecke von Kansas ist. Die Wahlwerbung besteht hier im übrigen nicht aus dem Aufhängen von Wahlplakaten, sondern wird einerseits durch kleine Aufsteller, auf denen lediglich der Name des Kandidaten steht, in den Vorgärten der Häuser erledigt oder dadurch, dass man Menschen mit ebensolchen Schildern an Verkehrsknotenpunkten positioniert, wo sie die dann in die Höhe halten und sich entweder bejubelnd anhupen oder böse beschimpfen lassen müssen. Ich würde vermuten, dass selbst der Hippie, der jeden Samstag mit einem "honk for hemp" (hupen für Hanf) Schild auf der Hauptstraße steht, mehr positives Feedback bekommt.
Des Weiteren gibt es aus der Uni zu berichten, dass sich meine Studenten weitestgehend mit Adjektivendungen angefreundet haben und auch den Genitivprepositionen (innerhalb, außerhalb, während, wegen, anstatt, in der Nähe) recht positiv gegenüberstehen, weshalb sie hoffentlich morgen beim Test auch alle gut vorbereitet ihr bestes geben können. Die wichtigste Klassendebatte dieser Woche verhandelte die Nichtexistenz eines Mittelnamens meiner Person, was für meine Süßen recht schwer zu akzeptieren war, hat doch hier jeder (und wirklich jeder) mindestens zwei Namen. Sie meinten dann auch, ich sollte mir unbedingt einen Zweitnamen zulegen und auf meine Frage nach einem Vorschlag ihrerseits, bekam ich dann die Antwort "Helga", was ich leider ablehnen musste....(weil inakzeptabel).
Zu den bemerkenswerten kulturtechnischen Erkenntnissen dieser Woche gehört das Entdecken der Bedienungsanleitung für das Zähneputzen auf meiner Zahnpastatube (was nun endlich mal den Titel dieses Eintrags auflöst). Auf der Tube wird tatsächlich beschrieben, wie man sich die Zähne putzt und ich möchte mal jemand in Deutschland bitten, zu überprüfen, ob das bei uns auch drauf steht, denn dann könnte ich aufhören, darüber so verwundert zu sein. Zudem ist auf der Zahnpastatube vermerkt, dass dieses Produkt natürlich ohne Zucker hergestellt ist (was doch wohl bei Zahnpaste (hallo!!!) selbstverständlich ist) Wo bin ich denn hier? Doch noch mehr zum Nachdenken angeregt, hat mich eine Werbekampagne, die dafür wirbt, dass man sich als Familie doch zusammen an einen Tisch setzen soll zum Essen und die Zeit nutzen, um über den Tag zu sprechen und einfach etwas gemeinsam zu machen jeden Tag. Großartige Idee, wie ich finde, aber auf der anderen Seite doch sehr traurig, dass man für eine Sache, die eigentlich selbstverständlich sein sollte, Fernsehwerbung machen muss....aber das ist eben auch Amerika.
Neben all meinen Sozialstudien bin ich ansonsten fleißig mit dem Schreiben meiner beiden Hausarbeiten beschäftigt, wobei mir vor allem das Schreiben auf englisch ziemlich schwer von der Hand geht und mein Gehirn echt an seine Grenzen bringt. Nachdem ich gestern nach 1 1/2 Stunden endliche eine Seite fertig geschrieben hatte, musste ich erstmal Mittagsschlaf machen, wobei dann aus der geplanten Stunde gleich mal zwei geworden sind. Die Arbeit auf Deutsch wird mir dann hoffentlich leichter von der Hand gehen und am 29.11. ist dann der Mammutteil dieses Semesters erledigt. Dann heißt es "nur" noch zwei Arbeiten von Mitstudenten lesen und besprechen, die eigene Arbeit im Vortrag präsentieren, die dreistündige Abschlussklausur für meine Studenten entwerfen.......es bleibt also auf jeden Fall immer was zu tun!
An deutschen Universitäten und Arbeitsstätten sieht das bestimmt ähnlich aus! Also bleibt fleißig und passt gut auf Euch auf!